Rede zur Gedenkdemo an Maltes Todestag, 2.9.

Zwei Jahre ist es her, das Malte hier starb, getötet wurde, an einem Tag, der eigentlich das Leben feiern sollte. Ein Tag, der zurückgeht auf die Stonewall Riots, bei denen sich queere
Menschen gegen Gewalt und Ubergriffe verteidigten, damals gegen die transfeindliche Gewalt der Polizei, die sie tötete und verjagte, zurück in die Unsichtbarkeit drängen sollte.
Zwei Jahre ist es her, das Malte hier starb und noch immer sind queere Menschen nicht sicher.

Queerfeindlichkeit ragt tief in die Gesellschaft hinein. Verbindet die sogenannte Mitte, die Bürgerlichen und die Rechten. Der momentan stattfindende Aufstieg der Rechten stützt sich zentral auf Antifeminismus und Queerfeindlichkeit. Hetze gegen sog. Genderwahn und geschlechtliche Vielfalt sind Hauptmobilisierungsfelder. Das sah man auch beispielsweise letzten Monat in Bautzen, wo sich ein CSD mit hunderten organisierten Nazis konfrontiert sah, die sich dem CSD in den Weg stellen wollten. Das ist in Sachsen, in Ostdeutschland kein Einzelfall. Hier ist klar – der Kampf um queere Befreiung ist ein antifaschistischer. Das muss uns hier auch klar werden. Denn auch wenn die Lage hier noch beruhigter erscheint – der Faschismus ist kein Projekt „Ostdeutschland”, die Nazis sind bundesweit organisiert und scheren sich nicht um die Trennung Ost-West. Auch wir sollten uns nicht an dieser Trennung orientieren. Sondern Solidarität aufbauen, Netzwerke, uns gegenseitig stärken und unsere Kämpfe als gemeinsam begreifen.

Gestern waren Landtagswahlen in Sachsen und in Thüringen. Wir sehen alle – da braut sich was zusammen, nicht erst seit gestern, und das wird sich früher oder später heftig entladen. Lasst uns darauf vorbereitet sein. Lasst uns Seite an Seite stehen und uns fragen, was wir brauchen. Das was die Faschos wollen steht gegen alles, wofür wir kämpfen. Sie kämpfen für den Tod, wir kämpfen für das Leben.

Es gilt, sich zu verbünden. Zu verbünden in dem Wissen, dass wir uns nur selbst und gemeinsam verteidigen können. Zu verbünden in dem Wissen, dass unsere Stärke darin liegt, unsere Vereinzelungen zu überwinden, uns nicht in unsere eigenen isolierten Lebenswege sperren zu lassen, die uns eine Freiheit verspricht, die ihren Namen nicht verdient. Befreiung, Freiheit, die liegt im >wir<, in dir und mir, im Aufbegehren gegen das was uns trennen, einordnen und identifizieren will, unsere Körper zurichtet und uns verwertbar machen will für dieses scheiß-System.

Das heißt auch, uns dem Zugriff des neoliberalen Diversity-Kapitalismus zu verweigern, uns nicht integrieren zu lassen in diese Kapital-Maschine. Unser Leben ist keine Ware. Wir weigern uns, vermarktet zu werden und wir weigern uns, das neue Image des Fortschritts-Kapitalismus zu sein. Wir lassen uns nicht passend machen und zurechtstutzen. Mit anderen Worten: wir bleiben radikal und wir werden weiter kämpfen. Um unser Leben.

Antifaschistisch gegen Staat, Kapital & den Rassismus der “Mitte”

Rede zu den Anti-AfD-Protesten am 16.2.

Seit der Recherche von Correctiv über das Treffen von AfD, Werteunion, Kapitalvertretern und anderen Nazis gibt es Massendemonstrationen & Politiker*innen fast aller Parteien sprechen über ein AfD-Verbot. Dass gerade so viele die Notwendigkeit erkennen, der gesellschaftlichen Entwicklung, die sich rasant in Richtung Faschismus entwickelt, einen Riegel vorzuschieben, ist gut und wichtig. Doch die AfD ist nicht erst seit gestern eine faschistische Partei und der Rechtsruck ist nicht vom Himmel gefallen. Und es sind gerade jene Parteien der sogenannten bürgerlichen MItte, die sich jetzt als breites Bündnis der guten Demokraten ausgeben & sich mit Lippenbekenntnissen gegen die AfD überschlagen, die den Rechtsruck maßgeblich mittragen und den Faschisten den Weg bereiten

Der Plan, den AfD und andere Faschos da im “Geheimen” geschmiedet haben, ist nichts als die nächste erwartbare Stufe von dem, was sie seit Jahrzehnten anvisieren – und in Teilen bereits durchsetzen konnten, mit freundlicher Unterstützung der sogenannten Forschrittskoalition, die sich in der allgemeinen Progromstimmung vor der AfD hertreiben lässt.

Konkret bedeutet das: Während AfD und Werteunion Pläne zur massenhaften Deportation von Menschen schmieden, hebeln liberale und konservative Parteien schon jetzt das Asylrecht aus & bauen das europäische Grenzregime aus, im Innern mit Lagersystemen und Abschiebeknästen, sowie an den Außengrenzne mit Pushbacks Flüchtender, der Finanzierung Frontex & der neuen GEAS-Reform.

Es ist noch nicht so lange her, da verkündete Olaf Scholz, der am vergangenen Wochenende vorm Brandenburger Tor gegen die AFD posierte, man müsse endlich ,,im großen Stil abschieben”. Letzte Woche wurde im Bundestag dann dazu ein Gesetz verabschiedet, dass Asylsuchende weiter entrechten soll. Die bürgerlichen Parteien geben sich beste Mühe, mit der rassistischen Stimmung im Land mitzuhalten und entscheiden sich dann gleich selbst für die menschenfeindliche Politik, die sie vorgeben, verhindern zu wollen.

Gleichzeitig gibt man sich beste Mühe, die sozialen Krisen in diesem Land weiter anzufeuern, indem Sozialleistungen weiter gekürzt, öffentliche Daseinsvorsorge vernichtet und kaputtgespart wird & Menschen in immer beschissenere Arbeitsverhältnisse gezwungen werden.

Das Faschismuspotenzial in diesem Land bekämpft man sicher nicht, indem man den Menschen den Boden unter den Füßen wegzieht, soziale Sicherheiten vernichtet und gleichzeitig jede solidarische Alternative zu dieser Konkurrenzgesellschaft im Keim erstickt – indem man z.B. Arbeitskämpfe unterdrückt, soziale Bewegungen kriminalisiert, Menschen gegeneinander ausspielt, in die Vereinzelung treibt und nach ihrer Verwertbarkeit für den Kapitalismus beurteilt.

Wo der Staat seine Prioritäten setzt, sieht man auch daran, dass von den Kürzungen im Sozialhaushalt auch massiv Bildungs- und Demokratieprojekte betroffen sind, die sich zum Ziel setzen, das demokratische, kritische Bewusstsein junger Menschen zu stärken und die Zivilgesellschaft gegen autoritäre Ideologien in Stellung zu bringen.

So soll der Kampf gegen rechts aussehen? Indem der Sozialstaat ausgehöhlt, demokratischer Bildung die Gelder gestrichen und die Menschen in die Armut gedrängt werden?

Wer gegen Rassismus kämpft, wer den Faschismus verhindern will, der kann sich auf den Staat nicht verlassen. Das hat die Geschichte gezeigt, das zeigt die Gegenwart. Wir erinnern daran, dass der Staat den NSU mit aufgebaut und finanziert hat. Wir erinnern daran, dass der Staat rassistische Morde der Polizei vertuscht. Wir erinnern daran, dass der Staat seit jeher diejenigen, die seit Jahrzehnten auf die nie verschwundene faschistische Gefahr hinweisen und sich gegen Rechtsruck und Menschenfeindlichkeit antifaschistisch organisieren kriminalisiert, verfolgt, auf Demos verprügelt und ins Gefängnis steckt.

Wir können uns also nicht darauf verlassen, dass der Staat das für uns regelt, wir müssen selbst aktiv werden. Rechstruck und Faschismus bekämpfen heißt, nicht nur eine klare Haltung gegen die AfD zu zeigen – es bedeutet auch, stark zu werden gegen die Allianz von Staat, Nazis und Kapital. Dazu müssen wir aus der Vereinzelung heraustreten – ob in der Gewerkschaft, dem solidarischen Nachbarschaftstreff oder der lokalen autonomen Antifa-Gruppe.

Organisiert euch gegen den Rassismus der Mitte, gegen die faschistische AfD und ihre erbärmlichen Wegbereiter. Und für eine solidarische Gesellschaft: Das bleibt Handarbeit!

Kein, Vergeben, kein Vergessen, kein Schlussstrich und kein Sommermärchen. Rede am 8. Mai auf der Gedenkkundgebung des VVN-BdA

Es ist das Jahr 2023. Auf den Tag genau 78 Jahre ist der Sieg der Allierten über Nazi-Deutschland jetzt her. Ein Sieg, der dem Nazi-Regime unter Hitler ein Ende bereitet hat, aber nicht dem Faschismus. Auch heute können Nazis immer noch frei herum laufen und ihren menschenverachtenden Hass unbehelligt verbeiten. Auf internationalen Versammlungen wie z.B. dem extrem rechten Eventwochenende in Budapest feiern jährlich tausende Neo-Nazis im Kontext des sogenannten “Tag der Ehre” offen ihren faschistischen Geschichtsrevisionismus. In Parlamenten verschiedestner Länder erhalten rechtsextreme Parteien immmer mehr Zuspruch. So ist es nicht mehr unwahrscheinlich, dass Marine Le Pen in Frankreich die nächsten Wahlen gewinnen könnte und in Italien bildet die Rechtsextreme unter Georgia Meloni bereits die Regierung. Auch in Deutschland sind die Faschist*innen der AfD im Bundestag und in 15 von 16 Landtagen vertreten. Aber nicht nur in den Regierungsgebäuden, auch auf der Straße treiben die Nazis in Deutschland weiter ihr Unwesen, wie dies zum Beispiel durch die Morde von NSU deutlich wurde. Die fehlende Aufarbeitung bzw. die Mit-Finanzierung des NSU-Terrors durch den Staat zeigt darüber hinaus, dass es sich hierbei auch heute noch um tief verankerte faschistische Strukturen handelt. Diese Strukturen finden sich auch innerhalb der staatlichen Repressionsorgane wieder und führen von rassistischen, antisemitischen und sexistischen Chatnachrichten, über Racial Profiling, geheimen Waffenansammlungen bis hin zu Morden. In diesem Kontext erlangte der Mord Oury Jallohs durch die deutsche Polizei traurige Berühmtheit. Aber auch außerhalb staatlicher Organe zeigen sich diese faschistischen Strukturen immer wieder. Erst vor x Tagen/Wochen verübten Rassist*innen einen Brandanschlag auf eine Geflüchtetenunterkunft in Berlin-x, bei dem eine Person ermordet wurde.
Und sogar am heutigen Tag, den 8. Mai, laufen VerschwörungsideolgInnen Schulter an Schulter mit Rechtsextremen durch Münster.
Es wird deutlich: Der Faschismus ist noch längst nicht besiegt, weshalb auch 78 Jahre nach dem Sieg über Nazi-Deutschland ein antifaschistischer Widerstand notwendig ist.

Die deutsche und globale Rechte inszeniert sich in krisengeprägten Zeiten als vermeintlicher Krisenlöser. Es mangelt an linken Antworten auf die Probleme der kapitalistischen Gegenwart, wer Angst hat, unter die Räder zu kommen oder dass das eigene Stück vom Kuchen kleiner wird, kämpft lieber um ein Ticket für die vermeintliche Rettungsinsel ,,Volk”, ,,Nation” oder ,,Vaterland”, und tritt nach unten, anstatt nach solidarischen Alternativen zu suchen. Alternativen, die keine Grenze zwischen innen und außen ziehen, zwischen oben und unten, die statt der eisernen Logik der Konkurrenz solidarische Beziehungsweisen etablieren. Als Linke, als Antifaschist*innen müssen wir für dieses solidarische Miteinander kämpfen, es erfahrbar machen, einen anderen Weg aufzeigen aus der kapitalistischen Misere als das Prinzip ,,alle gegen alle” und das Einordnen in die nationalen Zwangsgemeinschaft.

Unser Antifaschismus ist solidarisch, unversöhnlich mit Verhältnissen, die den rechten Hass immer wieder hervorbringen und einem Staat, der lieber gemeinsame Sache mit Nazis macht und Antifaschist*innen kriminalisiert, als die Parole ,,nie wieder” ernst zu nehmen. Auf den Plakaten der neuen Bundeswehrkampagne prangt der Slogan ,,was zählt, wenn wir wieder Stärke zeigen müssen?” Wieder? welches wieder ist damit gemeint? Die Zeiten von einem schwächlichen Deutschland ohne Selbstbewusstsein sollen wohl endlich vorbei sein. Wir haben keinen Bock auf diese Deutschland-Party. Kein Vergeben, kein Vergessen, kein Schlussstrich und kein Sommermärchen – wir bleiben Antifa!